Und wieder geht ein Jahr vorbei – und was für ein Jahr. Im allgemeinen Lockdown des ersten Quartals 2021 sehr wenige, aber dankbare Jobs. Einige schöne und interessante Portraits, wie zum Beispiel Birte Lorenzen-Herrmann, bei denen ich zum Profi des Masketragens wurde. Aber ich durfte auch eine wunderschöne und liebevoll eingerichtete Loge im Millerntor fotografieren – der Auftraggeber durfte wegen der Umstände sein Separee nur durch meine Bilder sehen. Was für eine Ehre!
Das Millerntor steht auch stellvertretend für die Verschiebung meiner fotografischen Arbeiten. Dazu später mehr.
Dann kamen die nächsten drei Quartale, als ein crescendo der Aufträge. Noch am 21.12.2021 durfte ich neue Portraits fotografieren. Gefühlt habe ich in diesem Dreivierteljahr mehr Bilder für Kund:innen erstellt, als sonst in vollständigen Jahren. Dabei hatte ich einen Großkunden verloren, weil ich nicht bereit war, die Gefahren der DSGVO zu übernehmen, die der Gesetzgeber eindeutig dem Auftraggeber zur Auflage gemacht hat. Aus meiner Sicht ein grundsätzliches Problem nach der Legislative: große Unternehmen können sich Jurist:innen leisten, die natürlich den Job haben, Risiken ihrer Firma zu minimieren. Als Einzelunternehmen hast du im Normalfall diese Ressourcen nicht. Mich begleiten allerdings Persönlichkeitsrechte und Urheberrechte schon sehr lange, weswegen mich das DSGVO nie besonders belastet hat. Hier konnte ich den mir vorgelegten Vertrag nicht unterschreiben. “Wir dürfen niemanden mehr beauftragen, der diesen Vertrag nicht unterschreibt.” Tja – da sticht Jura Bildqualität aus.
Ich behalte trotzdem positiv in Erinnerung, dass eben jener Kunde meine Bilder in 2020 auf 18/1 Plakatwände gedruckt hat – und mir Ende 2021 einen Adventskalender geschickt hat 🙂
Corona Veränderungen im Business
Das Mehr an Aufträgen kam dann durch neue Auftraggeber. Auch mit einer eindeutigen Corona Relation: “Unser langjähriger Fotograf hat aufgegeben, wir würden es nun gerne mit dir probieren.” Ich wünsche allen Ex-Kolleg:innen nur das Beste und bedanke mich herzlich für die Mundpropaganda. Aus Gesprächen mit Kolleg:innen weiß ich, dass das nicht nur mir so ging. Die Auftragsbücher waren überall gut gefüllt. Interessant ist aus meiner Sicht, dass in Deutschland seit Jahren mantramäßig empfohlen wird, sich zu spezialisieren. Weswegen viele Kolleg:innen mehrere Webseiten betreiben, weil der Eventfotograf offensichtlich keine Businessportraits erstellen kann. Das ist in Frankreich zum Beispiel ganz anders: da sind die Allrounder:innen gesucht.
Durch die nun zwei Jahre dauernde Krise komme ich gut durch, weil ich recht breit aufgestellt bin – solange Menschen involviert sind. Und somit komme ich zum oben angeteaserten Wandel im Besuch des Millerntors. Mein Terminkalender war außerhalb der Lockdownphase so voll, dass ich erst Ende Oktober das erste Mal wieder Sport fotografierte. Der erneute Gewinn der deutschen Meisterschaft vom FC St. Pauli war dann auch gleich ein absoluter und emotionaler Höhepunkt. Das Team hat es einfach sowas von verdient.
Da ich das Vergnügen habe, dieses Team seit vielen Jahren etwas näher begleiten zu dürfen, habe ich für dieses Finalspiel natürlich meinen Kalender freigeräumt. Und welcher Fotograf kann von sich schon behaupten, durch einen Anruf beim Trainer kurz vor Spielbeginn die unnötige Ausgabe von Vereinsgelder verhindert zu haben. Die schöne Geschichte stand dann sogar im Abendblatt 🙂
Bestätigung des eingeschlagenen Wegs
Ansonsten habe ich etwas gemacht, was vor 2020 noch unvorstellbar gewesen wäre: ich habe Fotoaufträge vor Spielbesuchen am Millerntor vorgezogen. Lange Jahre habe ich ja geglaubt, dass die Auftraggeber:innen mich buchen, weil ich so schöne Bilder im Stadion mache. Vielleicht war das am Anfang auch so. Mittlerweile weiß das mein Gegenüber meistens gar nicht. Das kommt oft erst zu Sprache, wenn höflich gefragt wird, ob ich die Ergebnisse “schon am nächsten Morgen” zur Verfügung stellen könnte. Das ist nach jahrelanger Schulung im Sportfotoagenturbereich nur selten eine Herausforderung. Diese Gesamtsituation gibt mir natürlich Sicherheit und Selbstvertrauen. Und wenn ich dann noch Menschen portraitieren darf, die erst Wochen später als Geschäftsführung oder ähnliches der Öffentlichkeit vorgestellt werden, ich das eine wunderbare Bestärkung.
Der aufwändigste Job war dann aber ein Tag mit Ralf Dümmel. Ich mache mir ja nichts aus großen Namen, aber hier habe ich sehr gerne und spontan “Ja” zum Auftrag gesagt. Er nimmt sich nämlich so grob alle zwei Jahre einen kompletten Tag Zeit, um Fotos von sich für alle möglichen Presseveröffentlichungen zu bekommen. Und “ein kompletter Tag” heißt bei Ralf Dümmel wirklich ein kompletter Tag. Glücklicherweise konnte ich irgendwann am Vormittag seine logischerweise ausgeprägte Fotoprofessionalität durchbrechen und ein besonderes Bild von ihm machen. Schönste Auszeichnung war dann, dass er das Bild von meinem Laptop abfotografierte und seiner Frau whatsappte. Das sind die Situationen, die mein Herz erfreuen. Der Rest des Tages war dann schweißtreibend, aber ein Selbstgänger.
Danke 2021
Neben den ganzen beruflichen Dingen, ist die private Situation aber nicht zu vernachlässigen. Da erfreue ich mich seit vielen Jahren der Unterstützung einer sensationellen Frau. Die ist in ihrem Business deutlich erfolgreicher als ich und trotzdem habe ich das Gefühl, dass ich von dieser Beziehung besonders profitiere. Glücklicherweise trägt sie nun seit über 10 Jahren meinen Nachnamen. In den letzten zwei Jahren musste gerade sie sich sehr einschränken. Sie reist nämlich wahnsinnig gerne und das ist aus bekannten Gründen derzeit schwierig. Schön, dass wir im September wenigstens eine Woche in Dänemark bei Nieselregen und 10 Grad raus aus dem Alltagstrott konnten. Ich darf hoffentlich mit ihr noch viele Jahre verbringen. Sie gibt mir so viel Power!
Danke also allen Auftraggeber:innen für eure Unterstützung in 2021. 2022 wird hoffentlich auch wieder toll und vielleicht nicht ganz so herausfordernd auf allen Seiten.
Vielleicht habe ich in 2022 auch wieder mehr Zeit zu bloggen. Ein absolutes Highlight liegt hier übrigens schon auf der Festplatte, ich darf aber noch nicht drüber reden – also zumindest nicht mit dir 🙂
Komm alle gut ins neue Jahr – und bleib gesund!
Toller Text über ein bewegtes Jahr.
Wünsche dir viel Erfolg und interessante Aufträge in 2022!
Danke, dir auch!