Sony A6400 Sony A6400

Sony A6400 – meine Erfahrungen: klein, aber oho!

Sony A6400 – eine Cropkamera! Kein Vollformat! Gibt es für solch eine Kamera überhaupt noch einen Anwendungszweck? Kann man mit dieser Sensorgröße Fotos machen, obwohl nicht Fuji drauf steht? Lohnt sich dazu ein Blogpost?

Did you know that you can read the post in English?

Bevor ich mir kürzlich die Sony A6400 zulegte, war ich lange auf der Suche nach einer kleinen Kamera für die Jackentasche. Mit Fuji komme ich nicht zurecht, die Ricoh GRIII traf doch nicht meine Erwartungen und dann sah ich zum gleichen Preis die Sony A6400. Ich habe mich noch nie mit dieser Linie von Sony auseinander gesetzt, aber die A6400 passte wegen der Größe und dem neuen Autofokus in mein Beuteschema. Außerdem kann ich dank des gleichen Bajonetts meine Vollformatobjektive ebenfalls nutzen. Im Prinzip ist die A6400 zur A7III, wie bei Nikon die D500 zur D5. Allerdings wiegt die A6400 ohne Objektiv, aber einsatzbereit, gerade mal 400g. Da muss eine D500 noch oft zur Fettabsaugung, um das hinzubekommen…

Kleiner Größenvergleich mit Früher™ – oder auch 1000€ zu 2000€ zu 6000€ (alles gerundet)

So stand ich dann plötzlich am Verkaufstresen und tauschte meine viel zu selten benutzte Mamiya 7II gegen die A6400 ein – und bekam noch 1000€ auf mein Firmenkonto überwiesen.

Nun könnte nach diesem Tausch mein Grinsen schon kaum größer sein, aber was ich dann mit der Kamera erlebte, faszinierte mich mehrfach!

Autofuckingfokus

Der neue Real-Time-Tracking Autofokus der A6400 – kommt mit den nächsten Upgrades in den Vollformatkameras A7III und A7RIII innerhalb der nächsten Monate und ist seit diesem Montag in der A9 (da sogar mit Tieraugen-AF) – ist der absolute Knaller. (Edit: danke an Sven für den Hinweis, dass ich die Pressemitteilung von Sony bezüglich der Implementierung in den A7ern Modellen falsch interpretiert habe.) Noch nie habe ich mit so einem intuitiven und schweinegeilen AF gearbeitet. Sony war schon vorher im spiegellosen Bereich das Maß aller Dinge (und ich habe wirklich viele Kameras ausprobiert) und hat jetzt noch mal eine Schippe drauf gelegt. Das hat zwei Gründe: der AF bleibt einfach auf dem Objekt, das ich anvisiere. Hier mal ein Beispiel vom Spiel FC St. Pauli gegen den HSV. (Ich hatte am Tag vorher die Kamera gekauft und kam sofort auf meine Kosten.)

Der Autofokus krallt sich so gut es geht an dem fest, was du anvisierst. So ist er richtig schnell dabei, Augen zu fokussieren. Auch geschlossene, auch zwischen vielen anderen Menschen – wie du hier siehst.

Trackingking

Zu dem grandiosen Autofokus kommt dann noch hinzu, dass der AF fast über die komplette Sensorgröße sein Objekt trackt, also verfolgt. Bisher war dies das größte Problem an den spiegellosen Kameras. Nikon hat sowas in der Art vor rund 10 Jahren mit 3D-AF für DSLRs in der Nikon D3 eingeführt. 2010 habe ich das schon mal in einem Blogpost hier gezeigt. Diese Technik gab es dann bei spiegellosen Kameras mit entsprechender Zuverlässigkeit erst mit der Sony A9. Und jetzt eben in der A6400 zu einem Bruchteil des Preises. Der große Vorteil darin ist, dass ich die Kamera mühelos verschwenken kann und meinen Bildaufbau optimieren, wenn ich erstmal den AF auf das mich interessierende Motiv fokussiert habe.

Hier ein Beispiel von meinem Auftrag bei der Mipim in Cannes. Das besondere an dem Bild ist seine Entstehung. Um das Bild so fotografieren zu können, musste ich nämlich mit langem Arm um eine Stahlsäule herum meine Kamera in die Nähe einer Glasscheibe halten. Auf dem Display habe ich den Bildausschnitt kontrolliert und mich darauf verlassen, dass der Augen-AF die einmal anvisierten Augen von Herrn Bruns-Berentelg (zweiter von links) nicht aus den Augen lässt (SCNR). Über die Kamera hinweg habe ich die Szenerie beobachtet und darauf gewartet, dass irgendwas im Bild passiert. Es war dann der Visitenkartentausch mit seinem Gegenüber…

Auch durch mehrere Glasscheiben hält der AF das einmal anvisierte Motiv fest – egal, wie ich die Kamera halte

Der Autofokus alleine rechtfertigt schon die Anschaffung der kleinen Kamera. Das angenehme ist nämlich dabei auch, dass der AF einfach funktioniert. Bisher musste ich bei unterschiedlichen Motivarten die Art des Fokusfeldes anpassen. Das macht nun die Kamera in sehr vielen Fällen automatisch. Auge, Gesicht, Hinterkopf – der AF nimmt, was er kriegen kann und hält das mit sehr hoher Genauigkeit fest.

Und das eben bis an den Rand. Nachfolgendes Bild erscheint auf dem ersten Blick vielleicht nicht spektakulär, aber es ist eben der 100% Ausschnitt von dem Folgebild. Du kannst ja einfach mal hin und her klicken.

Rauschen

Spätestens bei hohen ISO Werten ist es aber mit der kleinen Kamera vorbei! Oder? Tja, denkste. Folgendes Bild habe ich kurz vor Sonnenuntergang im Schatten der Bäume von Hagenbeck fotografiert.

Fotografiert im Tierpark Hagenbeck mit der Sony A6400
Fotografiert im Tierpark Hagenbeck mit der Sony A6400

Das Bild ist mit ISO6400 fotografiert. Die Qualität siehst du gut in der Vergrößerung. Hier also ein Bildausschnitt.

Sony A6400 bei ISO6400
Fotografiert mit ISO6400 und der A6400

Ja, du siehst ein Rauschen, aber das finde ich für den kleinen Sensor bei ISO6400 absolut in vertretbaren Rahmen.

A7III Killer?

Das Titelbild des Beitrags lässt dies vermuten. Nun, so weit würde ich aber nicht gehen. Der AF wird demnächst bei der A7III nachgerüstet. Auch hat die Sony A6400 nur einen Kartenspeicherslot und einen relativ kleinen Akku. Ich habe keine Bilder gezählt, die ich mit einem Akku machen kann. Grob kann ich sagen, dass ich mit einem halben Akku der A7III ein Fussballspiel fotografieren kann, aber den zweiten einstecken muss, fotografiere ich ein Spiel mit der A6400. Davon abgesehen ist die Wetterdichtigkeit auch nicht so hervorragend, wie bei einer professionellen Kamera (ohnehin ein Schwachpunkt bei den Sonys, was aber nicht bedeutet, dass ich nicht in strömenden Regen am Millerntor mit den Kamerabodys arbeite).

Fehlender IBIS

Die A6400 hat keine Stabilisierung in der Kamera – kurz IBIS. Für mich ist das kein Problem, denn es gibt ja auch Objektive mit Stabilisierung – dann am Kürzel OSS zu erkennen. Auch dafür zeige ich dir natürlich gerne ein Beispiel. Die verwendeten 560mm sind durch den Cropfaktor des Sensors eigentlich 840mm – nach der alt bekannten Daumenregel sind da scharfe Bilder mit einer Belichtungszeit von 1/200s nicht möglich. Hier der Gegenbeweis:

Ein Rotkehlchen fotografiert mit dem 100-400mm Objektiv und 1,4x Konverter – also 560mm bei f/9, belichtet mit ISO1000 und 1/200s

Gut, dass ist nun keine Leistung der A6400, funktioniert aber trotzdem erstaunlich gut.

Fehlende Freistellung durch kleinen Sensor

Es gibt sehr gute Objektive für die A6400, weil die Serie nicht neu ist. Hingucker sind dabei das Sigma 16mm f/1.4*, Sony 24mm f/1.8*, 35mm f/1.8*, 50mm f/1.8*, die alle trotz des Cropfaktors schöne Freistellungen ermöglichen. (Profitipp: immer einen Schritt näher rangehen als du eigentlich willst.) Das 35er und das 50er haben auch einen eingebauten Bildstabilisator. Nur das 24er ist recht hochpreisig, alternativ kannst du auch das 28mm f/2 nehmen. Dieses Vollformat-Objektiv passt – wie alle Vollformatobjektive für Sony E-Mount – auch an diese Kamera. Für mich war das einer der Kaufgründe, da ich ja schon das ein oder andere Objektiv für meine A7(R)III hier habe.

Gibt es denn sonst nichts zu Meckern?

Doch klar, aber nur für Leute wie mich, die mit dem linken Auge fotografieren. Eins meiner Lieblingsfeatures an den Vollformat-Sonys ist die Möglichkeit, den AF Punkt über das Display zu verschieben, während ich durch den Sucher schaue. Falls du diese Möglichkeit noch nicht kennst: Ich schaue durch den Sucher und mit dem Daumen der linken Hand streiche ich über das ausgeschaltete Display und verschiebe so den Fokuspunkt. Für Linksäuger ist das viel besser als der Cursor auf der rechten Seite. Auch wenn ich dann zwei Hände am Body benötige, so ist das trotzdem komfortabler, weil ich bei der Bedienung des Cursors meinen Daumen ständig im rechten Auge habe.

Nun das Problem mit der A6400: sie ist zu klein! Wenn ich durch den Sucher schauend den Fokuspunkt verschiebe, kommt es regelmäßig dazu, dass ich mit meiner Nase den Fokuspunkt in die obere rechte Ecke versetze. Glücklicherweise handle ich möglichst nach einem alten Fotografie-Sprichwort: „Fotografieren heißt Probleme lösen“. Interessanterweise kann ich bei der Sony A6400 mit dem rechten Daumen die Vier-Wege-Wippe bedienen, ohne meinem rechten Auge in die Quere zu kommen. Dabei hilft auch, dass der Autofokus wie oben erwähnt so toll funktioniert. Es geht eigentlich echt flott, den mittleren AF Punkt zum Anvisieren zu nutzen und dann die Kamera zu verschwenken.

Mein Fazit zur Sony A6400

Die Sony A6400* ist eine technische Meisterleistung, die deswegen sehr viel Spaß beim Fotografieren bringt. Wenn du eine kleine Kamera suchst, die einen Autofokus auf absolutem Topniveau hat und nicht unbedingt ständig in strömenden Regen fotografierst, bist du bei der A6400 richtig gut aufgehoben. Die Kamera solltest du dir auch dann anschauen, wenn dir die Brennweitenverlängerung kein Kopfzerbrechen bereitet, sondern eher gelegen kommt. Bis auf den fehlenden IBIS und zweiten Kartenslot funktioniert praktisch alles, wie bei den grossen Sonys. Ich habe mir die Knöpfe an der A6400 so belegt, dass ich die Kamera auch einhändig fotografieren kann. Sehr angenehm auf Partys, wenn du in der anderen Hand ein Bier hast. Da das Klappdisplay sehr gut Selfies ermöglicht, bist du mit der Sony A6400 der Held deiner nächsten Instagramstory…

  1. Hallo Stefan,
    Danke für den interessanten Beitrag! Iich mag den Satz „Kann man mit dieser Sensorgröße Fotos machen, obwohl nicht Fuji drauf steht? “ 🙂 Ich habe hier noch eine Nex7, die völlig okay ist für viele Situationen. Die Bilder meiner XPro2 sind trotzdem schöner, was natürlich subjektiv ist.
    Viele Grüße, Stephan

  2. Zu lesen, daß Du bei den VF-Kameras mit dem linken Daumen auf dem Display fokussierst, fand ich sehr interessant. Kannte ich noch nicht; war jetzt beim ausprobieren auch etwas gewöhnungsbedürftig. Leider funktioniert die Tracking-Funktion dann nicht – oder habe ich was übersehen ?
    Danke für die vielen interessanten Artikel.
    Gruss Rainer

  3. Man kann das verschieben des Fokuspunktes am Display so konfigurieren, dass nur das obere rechte Viertel des Bildschirms genutzt wird, oder das untere oder die Hälfte, oder das linke untere Viertel….
    Damit sollte das Nasenproblem zu lösen sein, insofern ich die Problematik richtig interpretiere.

    VG und besten Dank für den informativen Bericht!
    Andi

    1. Moin, danke für deinen Kommentar. Das wusste ich zwar, weil ich ja auch die A7RIII besitze, aber für mich war die Benutzung des Joysticks dann doch bequemer. Bei der A7 habe ich das so konfiguriert, wie du es beschrieben hast.

  4. Hallo, ich habe deinen Beitrag gelesen und kann das fast alles bestätigen. Ich besitze 3 Sony Kameras, die RX0m2, die Alpha 6400 und die 7m3. Jede der drei Kameras ist auf ihrem Gebiet spitze und den Kauf der 6400 habe ich nie bereut.
    Anmerkung zum Iso Thema: Iso 6400 sieht im Hellen deutlich besser aus als im Dunkeln. Bilder bei Kerzenlicht sind nicht die Stärke, verglichen mit der 7m3. Ja ok, Äpfel und Birnen… In diesem Fall setze ich immer die Alpha 7 ein. Vergleiche mit Nikon und Co APS-C habe ich nicht. Wie sieht es damit aus?
    Anmerkung zum Thema Autofokus: Der erweiterte flexible Spot Tracking ist erste Sahne. Hier „erkennt“ die Kamera ein Motiv und „folgt“ ihm. Erste Sahne, leider nur im Foto Modus, nicht bei Videos. Gerade da würde es aber Sinn machen. Die 7m3 hat aber beides nicht. Ich filme auch viel mit den Kameras, das wäre aber Stoff für einen eigenen Blog. 🙂
    Letzter und wichtiger Punkt ist die Wetter-Festigkeit. Meine kleine Tochter fotografiere ich ausschließlich mit der 7m3, wenn sie bei Regen in Pfützen springt (tolle Bilder!). Die Formulierung von Sony ist so schwammig, daß ich mich nicht getraut habe, sie bei Regen einzusetzen. Schade, denn auch Regen kann ein tolles Motiv sein.
    Ciao! Roland

    1. Moin,
      ja, High ISO sieht im Hellen immer besser aus. Daher empfehle ich ja auch, überzubelichten. https://www.stefangroenveld.de/2019/digitale-raws-richtig-belichten/
      Und das ist auch der Grund, warum viele Rauschvergleiche im Netz ziemlicher Unfug sind. Einfach nur bei Tageslicht mit schwindelerregend hoher Belichtungszeit zu fotografieren, um eine hohe ISO Zahl zu erreichen, ist einfach Quatsch.
      Zum Autofokus kann ich nichts ergänzendes beitragen. Ich habe mich von Sony wieder verabschiedet, weil … ach, das ist auch ein langes Thema. Die fehlende Wetterfestigkeit gehört aber auch dazu. Kleiner Tipp: Wasser von oben ist nicht so schlimm, wie Wasser von unten.
      Viel Spaß noch mit deinen Kameras.

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