Hurghada, Juli 2014

Als ich im Sommer mit meiner Frau durch Hurghada in Ägypten spazieren ging, fiel mir dieses jugendliche Gesicht am Rande einer Strassensperre sofort auf. Und ich wollte ihn unbedingt fotografieren. Das ist aber natürlich nicht so einfach…

Ohne Kenntnisse der örtlichen Gepflogenheiten, wagten wir uns aus der wohlbehüteten Hotelanlage. Was hatten wir uns dabei gedacht? Es war der erste Tag nach Ramadan und auf dem Weg vom Hotel in die Stadt passierten wir viele sehr gut bewachte Strassensperren und Armeeposten. Eben noch am Pool, jetzt schon im Krisengebiet? Das kam uns sehr merkwürdig vor. Tatsächlich klärte uns später ein Ägypter mit hervorragenden Deutschkenntnissen auf, dass vor Anschlägen gewarnt worden sei. Bedroht fühlten wir uns allerdings nicht.

An einer der Stellen, an denen Führerscheine und Ausweise der vorbeifahrenden Autos kontrolliert wurden, überquerten wir die Strasse und mir fiel der jugendliche Soldat auf. Sein Blick wirkte nicht besonders gefestigt. Ich fragte ihn freundlich, ob ich ihn fotografieren dürfe. Er schüttelte heftig den Kopf und ein eben noch im Auto hinter ihm sitzender, weiterer Aufpasser sprang aus dem Wagen und wies mich mit schnell fuchtelnden Armbewegungen auf die Seite und aus seinem Blickfeld auf die Strassensperre.

Ich versuchte die Situation zu beschwichtigen und erläuterte in kargen englischen Worten, warum ich den jungen Soldaten angesprochen hatte. Freundlichkeit zahlt sich aus, denn der eben noch hektische Mensch, dessen Position an dem Kontrollpunkt mir bis heute völlig unklar ist, sagte „wait here five minutes“.

Wartend bemerkte ich, dass die Kontrollvorkehrungen verstärkt wurden. Die Autoschlange wurde immer länger. Ein Motorrad mit einem Fahrer, der eher wir ein Schiffskapitän aussah, hielt auf der anderen Strassenseite. Kurz darauf bereicherte ein Auto mit Wimpeln vorne dran die Szenerie. Ein wichtig aussehender Mensch im Anzug und der motorradfahrende Schiffskapitän kontrollierten nun die Kontrollen und sprachen mit den Akteuren. Sie musterten auch den jungen Soldaten und nickten. Dann fuhren sie weiter.

Die Autoschlange an der Strassensperre wurde deutlich kürzer. Irgendwann löste sie sich auf. Die Kontrolleure suchten einen schattigen Platz und zündeten sich eine Zigarette an. Der junge Soldate harrte aus. 20 Minuten waren vergangen. Mein Blick suchte Augenkontakt zu dem Aufpasser. „Ask him“, sagte dieser und zeigte auf einen der rauchenden Kontrolleure. Ich ging zu diesem, trug in ruhigen Worten mein Begehren vor und zeigte auf meine kleine Kamera. „It’s ok!“ Ich lächelte.

Schnell ging ich zu dem jungen Soldaten, weil ich befürchtete, die Entscheidung könnte kurzfristig geändert werden. Ich erwähnte, dass ich ihn fotografieren dürfe und erntete verständnislose, leicht verängstigte Blicke. Er drehte sich zu seinem rauchenden Vorgesetzten um, der ihm aber zu meinem Glück nur Zeichen gab, dass er sich von mir abzulichten habe.

Ich dirigierte den Soldaten ein paar Schritte nach vorne und nach links, damit ich die Strasse und das Auto besser um ihn herum positionieren konnte und löste aus. Ich lächelte, bedankte mich und zog weiter.

Irgendwie kann ich die Geschichte bis heute noch nicht so richtig einordnen. Aber sie ist zu gut, um nicht erzählt zu werden 🙂

 

  1. Ein bisschen „Scheiße“ keine Wahl zu haben. Kann dem irgendwie nichts abgewinnen. Tut mir Leid. Wenn man schon erkennt, dass jemand nicht begeistert ist..

  2. Super – eine sehr ausdrucksstarke Aufnahme.

    Zwei kl. Anmerkung: 1.- in ganz Ägypten und dazu gehört auch Hurghada, ist es strengstens verboten Bilder vom Militär und dessen Einrichtungen, Soldaten, Polizisten, Grenzanlagen, Flughäfen u.v.m. zu machen. Es gab fotografierende Reisende, die wurden sofort „einkassiert“ stundenlang verhört und dann abgeschoben. Einreisen dürfen sie Lebenslang nicht mehr. Wenn man „erwischt wurde“ kommt es allerdings immer drauf an, mit wem man es im Folgenden zu tun hat – so wie hier.
    2. – Meist kommen die jungen Männer aus noch sehr strenggläubigen ländlichen Gebieten. Sie haben verdammt gr. Angst, „dass Allah sie irgendwann dafür bestraft“. Aberglaube ist in Ägypten noch irre weit verbreitet.

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