Unerwartetes erwarten

Gestern war ich rund 10 Stunden auf den Beinen, um den Triathlon in Hamburg zu fotografieren. Dann – nach den 10 Stunden – kam der Sieger des Elite Rennen der Männer durch’s Ziel. Die letzte Veranstaltung des Tages. Das Bild, das von dieser Veranstaltung übrig bleibt, wenn es um die sportliche Berichterstattung geht. Und was macht der Sieger? Rennt nicht nur einfach durch’s Ziel, sondern nimmt die Zielbanderole, läuft noch ein paar Schritte und springt hoch. Das ist dann natürlich das alles entscheidende Bild. Nach 10 Stunden musst Du also immer noch wach genug sein, um das Unerwartete einzufangen.

Es liegt mir fern mich dafür selbst zu loben, dass ich es geschafft habe. Wir saßen am Zieleinlauf auf einem zwei Quadratmeterpodest mit rund zwei Dutzend Kollegen und ich habe das Bild dann später im Presseraum auf sehr vielen Laptops gesehen. Da sitzen dann aber auch jede Menge Profis. Ich schreibe das nur, weil dieser Aspekt der Sportfotografie oft unterschätzt wird. Auch bei einem Boxkampf läuft im Fernsehen nur der Hauptkampf, aber die Veranstaltung dauert mehrere Stunden und zeigt viele Kämpfe.

Der gestrige Gewinner Richard Murray ist übrigens der erste Südafrikaner, der einen solchen Wettbewerb gewonnen hat. Aber wer konnte damit rechnen, dass er so jubelt…

Was für die Sportfotografie gilt, ist aber auch für die Fotografie generell wichtig und richtig. Als ich das Foto im Kasten hatte, fiel mir wieder auf, dass es das ist, was für mich die Fotografie ausmacht: vorurteilsfrei beobachten, im richtigen Augenblick an der richtigen Stelle sein, Unerwartetes erwarten. Fotografie ist soviel mehr, als nur einen Auslöser drücken…

  1. Ja, ist klar, dass alle Fotografen die Kamera im Anschlag haben, wenn der Sieger die Ziellinie passiert. Aber trotzdem: Eine Sekunde gepennt, und 10 Stunden Warten sind umsonst.
    Ich weiß schon, warum ich kein Sportfotograf bin 😉

    Klasse Bild!

    1. Sportfotograf wäre auch nichts für mich 🙂 Aber wie Stefan schreibt, auch in anderen Bereichen der Fotografie muss nam ständig bereit sein den Auslöser zu drücken. Das merke ich z.B. in der Industriefotografie, wenn Abläufe fotografiet werden, die sich nicht wiederholen lassen. Allerdings habe ich da den Vorteil, dass ich nicht auf ein weiteres dutzend Fotografen Rücksicht nehmen bzw. mir meinen Platz erkämpfen muss um “mein” Bild zu machen. 🙂

  2. Nicht nur nach 10 Stunden immer noch hell wach zu sein, um den Moment nicht zu verpassen: der Moment muß auch perfekt eingefangen werden. Ich finde das Bild grossartig. Großes Lob !!

  3. Hallo Stefan, das hast Du sehr gut und absolut zutreffend beschrieben. Glückwunsch zu Deinem Bild ! Ich stand auch auf dem Podest, der Zieleinlauf war wirklich sehr spektakulär, und ich habe auch im richtigen Augenblick auf den Auflöser gedrückt. Leider ist mein Bildausschnitt nicht perfekt, zu stark gezoomt… Das ist, wie Du sagst, halt der einzige unwiederbringliche Moment, der über ein Topbild entscheidet. Sitze nun im Zug nach Hamburg zum Frauen-Rennen. Vielleicht sieht man sich… Thomas

  4. Da sagst Du was! Unter dem Aspekt muss gerade unsere Leistung der letzten HSV Saison neu gewürdigt werden. 90min wach bleiben kann manchmal hart sein 😉

    Das Zielfoto ist natürlich top, aber was anderes hab ich von Dir auch nicht erwartet!

  5. Guter Moment! Wie waren denn die ITU Funktionäre unterwegs? Ich hab da nicht die beste Erinnerung an die Damen und Herren … und wie Du zwischen den Zeilen lesen lässt war auch nicht gerade viel Platz für die Bebilderer des Nordens vorhanden. So war dies in Lausanne an WM eben auch schon der Fall ..

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