Aufgenommen ca 1988 mit einer Minolte XG-M, vermutlich auf FP4 Aufgenommen ca 1988 mit einer Minolte XG-M, vermutlich auf FP4

Es ist nicht die Kamera!

Als ich neulich das Produktvideo zur neuen Nikon D5100 gesehen habe, dachte ich spontan: „Es ist wirklich nicht die Kamera!“ Und als ich kürzlich mal wieder die Frage „Welche DSLR kannst Du mir empfehlen?“ gestellt bekam, war mir klar: ein Blogpost muss her! Du kennst diese scheinbar immerwährende Frage, weil die Kamera angeblich so wichtig für gute Bilder ist? Ich kenne diese Frage nur zu gut, aber ich sage: es ist nicht die Kamera!

Und ja, ich weiß, dass geschätzte Kollegen ganz und gar nicht meiner Meinung sind und ich sie trotzdem auch zukünftig schätze – ich hoffe, sie mich auch. Aber lest bitte meine Einschätzung und vielleicht gebt ihr mir ja doch Recht.

Kennst Du die Geschichte von Helmut Newton und dem Koch? Newtons Antwort auf die Anmerkung des Kochs „Sie machen tolle Bilder, sie haben bestimmt eine tolle Kamera“ lautete „Ihr Essen schmeckt vorzüglich, sie haben bestimmt tolle Töpfe“.

Kennst Du den Spruch: „Nicht die Kamera macht das Bild, sondern das Auge dahinter“?

Ist das falsch?

Manchmal! Wenn Du unbedingt in einer schlecht beleuchteten Turnhalle schnelle Bewegungsabläufe einfrieren willst, dann brauchst du eine Kamera, die bei hohen ISO Zahlen immer noch eine gute Bildqualität erreicht. Das können derzeit nur Vollformatkameras und da auch nicht alle. Oder Deine Bilder müssen hinterher auf Litfaßsäulen gezeigt werden? Dann brauchst du eine Kamera mit einer sehr hohen Auflösung – vielleicht reicht dann schon nicht mal eine Vollformat-Spiegelreflexkamera.

Und sicherlich gibt es noch die ein oder andere spezielle Anforderung, die eine besondere Kamera benötigt.

Es ist auch richtig, dass Du mit der ein oder anderen Kamera leichter und/oder schneller zu einem entsprechenden Ergebnis kommst. (Ich spreche da aus Erfahrung: mit meiner D7000 muss ich wesentlich exakter arbeiten als mit meiner D3, um auch unter schwierigen Lichtbedingungen gute Bilder zu bekommen.)

Aber im Großen und Ganzen ist die Kamera für’s Fotografieren eher von untergeordneter Bedeutung. Ich behaupte mal, dass es in mindestens 90% der Fälle völlig wurscht ist, welche Kamera ich in meinen Händen halte.

Alle aktuell auf dem Markt befindlichen Kameras haben ein so hohe Niveau, dass Du im Prinzip nichts falsch machen kannst. Ich behaupte mal, dass Du als Einsteiger egal mit welcher DSLR du beginnst, die nächsten zwei Jahre Spaß haben kannst. Und wenn Du dann merkst, dass Du ein bestimmtes Bildergebnis nicht erreichst, weil die Kamera das nicht hergibt, dann wirst Du so tief in der Materie drin stecken, dass Du Dir dann die für Dich richtige Kamera kaufen wirst.

Allerdings ist es ein Irrglaube, wenn Du der Meinung bist, dass Du – nur weil Du Dir gerade den neusten Schrei auf dem DSLR Markt zugelegt hast – sofort fantastische Bilder fotografieren kannst. Auch hier hat der alte Herr Newton recht, als er sagte: „Die ersten 1000 Bilder sind die schlechtesten.“ Im digitalen Zeitalter sind es vermutlich sogar 10000 Auslösungen. Nimm Dir Zeit. Fotografie ist auch ein Handwerk.

Wenn es nicht die Kamera ist, was ist es dann?

Mitte der 1980er (ja, letztes Jahrhundert) habe ich in einer Fotozeitschrift einen Test gelesen: Amateur und Profi haben ihre Kameras getauscht und auf einem Jahrmarkt (Kirmes, Rummel, Dom,…) fotografiert. Ratet mal, wer die ansprechenderen Bilder hinbekommen hat. Glaubst Du, dass heutzutage das Ergebnis anders ausfallen würde?

Meiner Meinung nach ist der sinnvolle Einsatz von Glas und Gehirn viel wichtiger als die Kamera. Und Gehirn ist sogar noch wichtiger als Glas. Nicht umsonst heißt ein Sprichwort aus dem englischen Sprachraum: „Less gear, more brain.“

Gutes Glas ist immer wahnsinnig hilfreich. Dazu habe ich schon mal was geschrieben. Bestimmte Bildstimmungen bekommst Du nur mit dem richtigen Objektiv hin.

Meiner Meinung nach sind die richtig guten Fotografen jene, die ein tiefes technisches Verständnis mit einem hohen Grad an Kreativität kombinieren. Solche Leute, werden auch mit einer Lochkamera Dinge machen, bei denen Dir der Mund offen steht.

Fazit:
Du willst Dir eine DSLR Kamera kaufen? Versuche eine preiswerte Gebrauchte zu bekommen und kauf Dir ein 50mm f/1,4 (Canon* oder Nikon*) oder 35mm f/1.8 (Nikon)* oder meinetwegen auch das 30mm f/1.4 (Sigma)*. Lerne damit umzugehen. Soviel Geld für ein Objektiv? Deine Kamera wechselst Du vielleicht in 2 Jahren, ein gutes Objektiv behältst Du sehr viel länger.

Du glaubst mit Deiner jetzigen Kamera kannst du ein bestimmtes Bild nicht machen? Analysiere warum und versuche die Schwachstelle zu umgehen. Wie sagt Joe McNally so schön: „Fotografieren heißt Probleme lösen. Meistens solche, die wir uns selbst gestellt haben.“

 

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  1. Pingback: Florian dahnke
  2. ein im prinzip völlig richtiges posting. ich sehe das sehr ähnlich, das bild wird von demjenigen hinter der kamera gemacht.

    aber das werkzeug ist eben auch wichtig. gerade gestern habe ich das gemerkt.

    ich habe gestern mein fotoblog eingerichtet. dafür hatte ich drei gründe.

    1. ich wollte gerne einiger meiner bilder zeigen und teilen

    2. ich wollte mich mit der auswahl von bildern beschäftigen, gerade im digitalen zeitalter eine wichtige aufgabe, da man doch einfach mal so eine menge bilder macht.

    3. ich möchte versuchen meine entwickung von jetzt ab zu dokumentieren.

    während der auswahl der bilder ist es mir dann aufgefallen. seit ich vor ca. 2 jahren damit begonne habe von der kompakten weg zu gehen und den einstieg mit einer bridge gesucht habe, sehen die bilder anders aus. (hier macht das werkzeug schon einiges aus). insbesondere sehen aber die bilder anders aus, die nicht im automatikmodus entstanden sind.

    und genau da bin ich dann auch an die grenzen der bridge gestossen: bestimmte bilder sind ohne das richtige glas nicht machbar.

    also equipment spielt eine rolle, aber man muss den umgang üben und mit dem equipment umgehen lernen. eine dslr oder vollformat-kamera, die nur im automatikmodus betrieben wird, wird auch nicht zum werkzeug für bessere bilder werden.

    soweit zumindest mein eindruck

  3. Keine Frage, du hast Recht.
    Ich denke aber die BQ ist nur einer der Gründe, warum man (sofern man Geld mit den Bildern verdient) zu den großen Bodys greift (ich sag nur Zuverlässigkeit, Robustheit….)

    Um deine These zu unterstüten : Ein Freund wollte von seiner 450D (glaub ich) auf ne 5D umsteigen – jetzt hat er erstmal in richtig gutes Glas investiert und ist überrascht, was seine Kamera an Fotos zaubern kann – er wird wohl erstmal den Body behalten und sich weitere 1-2 L´s holen.

    Der Body ist eher Nebensache, das Glas ist viel entscheidener für die Qualität der Fotos. Wichtig ist, sich nicht vom Pixelpeeping anstecken zu lassen. Und natürlich rausgehen, fotografieren 😉

  4. Dann wäre ich mit einer Hasselblad H4D 60 kein besserer Fotograf? Puhhhh…. gerade noch mal 40K EUR gespart 😉

    Es gibt sogar Situationen in denen ich eine kleine billige Kompakte einer schweren DSLR vorziehe! Vom Gewicht und der Handlichkeit mal abgesehen, bekommt man mit einer kleinen unauffälligen Kamera bessere Street Szenen eingefangen und man wird damit in der Regel auch in ein Stadion oder Konzert ohne spezielle Legitimation herein gelassen.

    Und im Makrobereich auf engem Raum hat ein kleinerer Sensor eine höhere Schärfentiefe bei Offenblende als eine Vollformat mit Makroobjektiv. Da hat mir die Kompakte schon mal das ganze Shooting gerettet 🙂

  5. Die Frage „Welche Kamera soll ich bloss kaufen?“ kriegt wohl jeder permanent gestellt, der irgendwie halbwegs brauchbare Bilder auf Papier oder Bildschirm bringt. Und ich komme dann auch immer mit „…lieber ins Objektiv investieren!“ – immer sehr amüsant, wenn man dann hört „Waaaaas? Da kostet das Objektiv ja fast mehr als die Kamera?!?“

    Ich habe dann meist immer mein altes EF 50mm 1.8 für ein paar Tage verliehen und kurz erklärt, was es mit der Blende auf sich hat. Das hat immer Wunder bewirkt 😀

    Schön, wenn man dann hört „Ich hätte NIEMALS gedacht, dass die Kamera so gute Bilder machen kann!“

  6. Es geht aber auch andersrum:

    Ich habe mal auf einer Kreuzfahrt folgenden Satz von einem „Canon 5D mit L-Linse“ Besitzer gehört: „Ganz ehrlich. Meine Ixus hat bessere Bilder gemacht!“ – den hätte ich am liebsten über Board geschmissen!

    1. @dirk, als ich vor 7 Jahren meine digitale Kompaktknippse mit einer Canon 10D DSLR ersetzt habe, war ich auch erst sehr enttäuscht. Man hat sich an die knackigen Farben und die endlose Schärfe bei der Kompakten so sehr gewöhnt, dass die natürlichere Farbwiedergabe und geringere Schärfentiefe (anfangs mit vielen Fokusfehlern von mir) flau und schlecht wirkte. Erst nach ein paar Monaten hatte ich mich an den neuen (natürlicheren) Look und die Möglichkeiten des Freistellens durch gezieltes Spiel mit der Schärfentiefe gewöhnt.

      Ich wage daher zu behaupten, dass der Kreuzfahrtkollege die 5D erst kurz vor der Kreuzfahrt gekauft hatte oder einfach ein insgesamt unerfahrener Fotograf war.

      1. @Hamburgcam, da hast Du Recht. Wir unterhielten uns ein wenig und es stellte sich raus, dass er sich gar nicht wirklich mit Fotografie befassen wollte. Blende, Verschlußzeit, ISO – das waren alles Fremdworte. „Ich will einfach nur gute Fotos machen“ waren seine Worte. Falsch beraten, würd ich sagen 🙂

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  13. Manchmal – aber auch nur manchmal – ist auch die Kamera schuld an schlechten Bildergebnissen.

    Ich war stolz auf meine 50D. Die war modern, schnell, hatte genügend Pixel. Das einzige, was sie nicht konnte war, scharfe Bilder zu produzieren. Das fällt einem zunächst nicht so auf, aber wenn man Bilder an Agenturen geben will, und von dort Ablehnungen wegen „fehlender Schärfe“ bekommt, wird man stuzig. Vor allem, wenn es von mehreren Seiten kommt.

    Eine Testreihe und der Vergleich mit einer 5D zeigten, dass das tatsächlich so war. In Foto-Foren wurde dann öfter darauf hingewiesen, dass man auch die 50D erst einstellen lassen sollte. Soweit bin ich nicht gegangen – meine ist inzwischen verkauft.

    Aber dennoch gebe ich Dir recht: letztendlich macht der Fotograf das Bild und die Technik unterstützt ihn dabei. Manchmal mehr – manchmal weniger. Als Fotograf muss ich wissen, wie weit ich mit dem vorhandenem Equipment gehen kann und wo ich gegebenenfalls nachsteuern muss.

      1. @Stefan Groenveld, das Problem gab / gibt es bei der Canon EOS 1D Mk III. Kann man aber beim Check beheben lassen, bzw. wird automatisch gemacht.

        Es gibt auch Kollegen, die machen mit der 5D als einzige Kamera hervorragende Sportfotos. DAS ist dann das klassische Beispiel von Können.

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  16. Ich bin ganz bei dir, denn auch ich bin der Überzeugung das ein Foto im Kopf des Fotografen entsteht und die Kamera dann letztendlich das Werkzeug ist mit dem das Foto entsteht.
    Denn die Kamera kann niemals kreativ oder zu dumm sein, sollte ein Foto nichts werden, kann es aber durchaus daran liegen das man mit dem entsprechenden Objektiv oder der Kamera die Bildidee nur unzureichend umsetzen kann.
    Was ich immer wieder als sehr hilfreich erachte bzw. bei meiner Kamera nicht mehr missen möchte, ist ein schneller AF, eine sehr gute High ISO Performance nebst exakter Belichtungsmessung und letztendlich die Robustheit.
    Den größten Teil des Bildes schreibe ich aber auch den entsprechenden Objektiven zu, hier sollte man auf keinen Fall sparen! 😉

  17. Ein Arbeitskollege hat sich zum einstieg sich eine 1000D gekauft und überlegt, ob er sie wieder abgeben und sich eine bessere holen soll. Ich habe ihn auch gesagt, das die erstmal reicht und er sich ein 50mm f1,8 holen soll.
    Ich habe seit 1 ½ Jahren meine D90 und mittlerweile über 34000 Auslösungen und mittlerweile weiß ich, was ich an Kameras und Gläser brauche. Jetzt brauch ich nur noch das nötige Kleingeld 🙂 .

    1. @Stephan Braun, ein gutes Objektiv ist oft einem neuen Kameragehäuse vorzuziehen.

      Aber ich würde nicht jedem Fotoeinsteiger pauschal das 50mm f1,8 empfehlen. Das ist zwar das günstigste lichtstarke Objektiv, aber eine „Normalbrennweite“ ist es historisch bezogen nur auf eine 35mm Film- bzw digitale Vollformatkamera.

      An der 1000D hat das 50’er ein Bildausschnitt eines 80mm Objektiv (bezogen auf 35mm Vollformat) Das kann eine gute Brennweite für einen Portraitfotografen sein, aber ist bestimmt zu sehr Tele für ein allgemein einsetzbares Allround Objektiv.

      Einem Canon Fotografen mit einer Crop Kamera würde ich eher das 28mm f2,8 empfehlen. Das ist zwar nicht so lichtstark und liegt preislich bei ca. 190 EUR, würde aber den Bildausschnitt von einem 45mm (bezogen auf 35mm Vollformat) darstellen.

      Ich hatte mir damals zu meiner 10D auch das 50mm f1,8 gekauft und habe es dann kaum genutzt. Für mich ist die ideale Brennweite meistens ein 35mm Objektiv auf einer Vollformatkamera. Damit kann man schon eine Menge anstellen. Aber bei einer Canon Cropkamera müsste man das EF 20mm f2,8 nehmen um auf 35mm zu kommen, und das kostet ca. 480 EUR…

  18. Es gibt Momente, da stößt man in der Tat an die technischen Grenzen einer Kamera. Aber es stimmt, der Großteil der Bilder entstehen hinter der Kamera. Die Kamera ist halt Werkzeug. Wie das Werkzeug aber eingesetzt wird, das liegt immer an einem selbst.

  19. Da gegen eine verkaufte DSLR wohl 20+ Digitale Knipsschachteln stehen ist die Antwort „es ist nicht die Kamera“ in der gesamten Masse gesehen wohl falsch.

    Wenn man das Thema auf Spiegelreflex reduziert kann man argumentieren, dass das meiste Potential im Nutzer verloren geht, aber auf die gesamte Masse gesehen bleibt es wohl die Kamera.

  20. Pingback: sommerblick
  21. Tolle Einblicke von euch . Das führt mir immer wieder vor das es an mir liegt gutes Bilder zuschließen . Und nicht an der Kamera .

  22. Das ist alles nich neu und jeder, der Blogs liest, wird sich bei diesem Post ein wenig langweilen. Ich auch.
    ABER: Ich werde diesen Blogpost jedem „in die Hand drücken“, der mir wieder die eine bestimmte Frage stellt…
    Danke dafür..

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