Letzte Woche bin ich durch diesen Bericht von Gunther auf einen sehr preiswerten variablen Graufilter aufmerksam geworden. Sowas kannte ich bisher nur für rund den doppelten Preis bei enjoyyourcamera und für ein Vielfaches des Preises beim “Original” von Singh-Ray. In einem früheren Blogpost habe ich beschrieben und gezeigt, was Du mit einem starken Graufilter machen kannst.
Der nun getestete variable Graufilter ist nicht so stark wie bei den gezeigten Blogpost, aber dafür kannst Du die Stärke der Belichtungszeitverlängerung stufenlos einstellen. Vom Hersteller angegeben ist der Verlängerungsfaktor mit 2 bis 400 – also in der schwächsten Stufe eine Verdopplung der Belichtungszeit und in der stärksten Stufe eine Verlängerung um 8,5 Blendenstufen. Zum Vergleich: der bei den Rombildern verwendete Graufilter hatte einen Verlängerungsfaktor von 1000, also 10 Blenden. Ja, ich weiß, die Bezeichnungen sind verwirrend. Das hat was mit dem Logarithmus zu tun…
Die Funktionsweise des Filters ist relativ einfach: zwei Polarisationsfilter werden gegeneinander verdreht und lassen so unterschiedliche Lichtmengen auf den Sensor.
Das Positive zuerst: durch die Bauweise des Filters entstehen auch bei Weitwinkelaufnahmen (konnte 24mm am Vollformat testen) keine ungewollte Vignettierungen. Außerdem ist bei der geringsten Einstellung der Sucher noch hell genug, um Bildausschnitt und Schärfe gut kontrollieren zu können – das ist mit einem reinen 10-fach ND-Filter unvorstellbar, das lästige auf- und abschrauben des Filters entfällt so. Die bei Graufiltern übliche Farbverschiebung bleibt erfreulich gering. Das zeigt auch die vermutlich langweiligste Bilderstrecke, die du hier jemals gesehen hast. Aber die Bilder zeigen eben auch die negative Seite des Filters. Alle Aufnahmen mit 24mm am Vollformat – mit Stufe meine ich die Punkte, die ihr auch oben auf dem Bild des Filters erahnen könnt – 0 bei Minimum, 10 bei Maximum.
Da es nicht durchgängig gleich sonnig war, sind leichte Schwankungen in den Belichtungszeiten möglich – das ist also keine wissenschaftliche Teststrecke. Aber es wird schon ziemlich deutlich, dass der Filter anfangs relativ linear funktioniert, um nach Stufe 6 schnell viel stärker zu werden als erwartet. Das macht es schwierig den Filtereffekt nach seinen Wünschen einzustellen – Du musst Dich auf die Belichtungsautomatik der Kamera verlassen.
Erschrocken war ich beim letzten Bild, dem Ergebnis der maximalen Stufe. Zwar stimmt der Faktor 400 ziemlich (wie gesagt: Sonne, Wolken, etc) gut, aber die Helligkeitsverteilung im Bild macht den Filter in dieser Einstellung unbrauchbar.
Gut, dachte ich mir – liegt bestimmt am Weitwinkel. Also: gleicher Versuchsaufbau mit 70mm Brennweite. Ich erspare euch jetzt die Zwischenschritte, denn sonst schläfst Du mir hier bei diesem Blogpost noch ein. Ich hoffe Du glaubst mir auch so, dass der Filter bis Stufe 8 recht gut funktioniert. Aber jetzt kommt’s!
Tja – äh, hä? Die Belichtungsautomatik der Kamera misst etwas und das kommt nach Adam Riese auch gut hin und hinterher ist alles schwarz? Ja, so ist das mit diesem Filter. Ich habe mehrere unterschiedliche Aufnahmesituationen ausprobiert. Unterschiedliche Lichtsituationen, unterschiedliche Linsen, unterschiedliche Kamera und unterschiedliche Messautomatiken – das Ergebnis ist immer das gleiche. Auf maximaler Stärke kommt die Belichtungsautomatik der Kamera aus dem Tritt.
Die besten Erfahrungen habe ich gemacht, wenn bei maximalen Einstellung die Kameraautomatik auf +5EV (also +5 Blendenstufen) eingestellt wird. Dann stimmen die Belichtungswerte wieder ungefähr, aber die Helligkeitsverteilung bleibt dabei sehr unschön.
Fazit: der Vario-ND Filter ND2 bis ND400 ist von ND2 bis ungefähr ND7 wirklich gut zu verwenden. Das wird in den üblichen Anwendungsfällen ausreichend sein – zumal bei dem Preis. Bei stärkeren Belichtungszeitverlängerungen kommt er gegen gute dichte Graufilter nicht an.
Hallo Stefan, interessanter Test. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass Du ein Motiv genommen hättest, bei dem man eher erkannt hätte, was nun an Inhomogenität vom Filter kommt und was Wolken, Schatten etc. sind. So finde ich es sehr schwer zu beurteilen.
Dass die Kameraautomatik bei der Belichtungsmessung versagt wundert mich ehrlich gesagt nicht, den Du hast hier 2 Polfilter vor der Linse. Autofokus und Kameraautomatik werden davon bekanntermaßen verwirrt.
Wenn ich mit Graufiltern arbeite, dann nutze ich immer den manuellen Modus und mache Probeaufnahmen mit Kontrolle über Histogramm/Bildwiedergabe. Nach 2-3 Aufnahmen habe ich in der Regel die richtige Belichtung gefunden.
Interessant wäre auf jeden Fall der Vergleich mit einem der deutlich teureren Vario-Filtern. Da ich glaube, dass die von Dir beschriebenen Effekte konstruktionsbedingt durch die Polfilter kommen, kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass die teureren Filter da anders reagieren. Vielleicht hat einer Deiner Leser damit ja schon Erfahrungen gesammelt und lässt uns daran teilhaben, würde mich sehr freuen.
Zusammenfassend muss man sich also überlegen, ob man mit den Einschränkungen leben kann oder dann doch in einen Satz von unterschiedlich starken ND Filtern (zumindest für den Videobereich) investieren möchte, was dann natürlich auch wieder ständiges Wechseln und eine nicht zu unterschätzende finanzielle Investition bedeutet.
Viele Grüße
Gunther
Hallo Gunther,
wenn du wüßtest, wieviele weiße Wände ich fotografiert habe… 🙂 Deinen Einwand bzw. Wunsch kann ich also absolut nachvollziehen.
Nun ist es aber so, dass die Verteilung der Helligkeit je nach Brennweite unterschiedlich ist. Ich denke, das wird auch an den beiden gezeigten Beispielen deutlich. In einem Fall siehst du ein dunkles Kreuz über’m Bild liegen, beim anderen Beispiel ist es gleich ganz dunkel.
Wegen dieser Unterschiedlichkeit und Brennweitenabhängigkeit habe ich auf ein noch unspannenderes Beispiel verzichtet. Ich wollte meine Leser nicht noch mehr langweilen… 🙂
Viele Grüße
Stefan
Hallo Stefan,
danke für diesen schönen Bericht. Noch eine Frage: an welchen Objektiven hast Du den Filter verwendet und gab es mal Probleme mit dem Autofokus. Mit einem Cokin ND8 hat bei mir der Fokus an einer D3 mit diversen Objektiven völlig versagt, abgleich es sehr gute Lichtbedingen waren.
Kollegiale Grüße
Hallo Thomas,
das ist ja das angenehme an dem Filter: du kannst ihn in der schwächsten Stufe zum Fokussieren nutzen und ihn dann erst auf “dicht” drehen. So habe ich auch mit manuellem Fokus keine Probleme gehabt die Schärfe richtig zu setzen.
Grüße
Stefan
Warum um alles in der Welt machst du Vergleichsbilder eines Blumentopf, der statischer nicht sein könnte?
Das ist doch so völlig sinnbefreit!
Weil es mir bei der Serie darauf ankommt, den Unterschied in der Helligkeitsverteilung zu zeigen. Da ist ein statisches Motiv das Beste.
Hallo, das relativiert sich doch alles wenn man diese Filter nur zum Filmen einsetzt, wie ich! Also wenn du erreichen willst, dass du immer mit der gleichen Offenblende arbeiten kannst. zB. 25p/1:50/iso 100. Ich stelle dabei die genannten Werte ein und drehe solange am Filter bis die Belichtung passt. Ich bin so froh, dass ich ganau so einen verstellbaren Filter habe, denn wenn sich die Lichtverhältnisse plötzlich ändern etc. habe ich genau einen Filter den ich durch Verstellen anpassen kann. Bei meinem anderen Objektiv habe ich leider nur 2 Filter, oft ist der eine zu schwach und der andere zu stark! Natürlich kann man alle fehlenden Nachkaufen, aber das ständige Wechseln, ist ehrlich gesagt nervig.
Hier kam der verstellbare zum Einsatz: https://vimeo.com/65006696
Mfg Maik
Moin,
ich habe überhaupt nichts gegen verstellbare Graufilter, aber dieser hier vorgestellte bedient eben nicht die komplette beworbene Reduktionsbreite 🙂
Das gleiche habe ich bei meinenm erfahren müssen . Vor ein paar Tagen habe ich mir für ein ganz kleine Geld ein vergleichbaren ND-Filter geholt . Die erste Tests haben mich ein wenig erschrocken . Die nächste Test kommen bestimmt noch aber wie ich sehe viel erwarten sollte ich nicht 🙁
Ein frohes neues Jahr 2014
Ich finde den Artikel sehr interessant und werde mich weiter mit dem Thema auseinander setzen. Hätte nur einen kleinen Tip der Mathematiker hieß Adam Ries und nicht Riese.
Herzlichen Dank für den Hinweis. Wieder was gelernt.