Da ich nicht als Videomensch bekannt bin, kommt ein kleiner Erfahrungsbericht zur nagelneuen Panasonic LUMIX GH6 in diesem Blog für dich vielleicht überraschend. Mich interessiert allerdings schon lange diese Möglichkeit, Geschichten mit bewegten Bildern zu erzählen. Auch habe ich viel Respekt vor dieser Art. Sie ist eben anders als Fotografie. Mehrere Anläufe habe ich gestartet, aber irgendwie waren die Hürden für mich zu hoch einen guten Einstieg zu finden. Die Veröffentlichung der Lumix GH6 erschien mir da wie ein Fingerzeig. Denn diese Kamera hat aus meiner Sicht einige Vorteile – nicht nur für den Einstieg. Deswegen habe ich die Gunst der Stunde genutzt, dass das Paket zusammen mit dem Panasonic Leica DG 2,8-4/12-60mm Asph. bei meinem Lieblingsdealer unverständlicherweise unbeachtet rumstand.
Die GH6 ist eine Mitte März 2022 veröffentlichte mFT Kamera. mFT steht für MicroFourThirds und beschreibt das etwas andere Seitenverhältnis des Sensors. Während die meisten Kamerasensoren ein Verhältnis von 3:2 haben, ist dies bei mFT Kameras 4:3. Darüberhinaus beträgt die Diagonale des Sensor nur grob die Hälfte einer 35mm Kamera aka Vollformatkamera. Das im Bundle angebotene Objektiv entspricht im Bildeindruck einem 24-120mm mit Blende 5,6-8 einer Vollformatkamera. Klingt erstmal nicht berauschend, spielt im Videoalltag aber viel weniger eine Rolle als ich zunächst befürchtet habe. Drei Vorteile sind da viel interessanter: Größe und Gewicht des Objektivs, sowie die Naheinstellgrenze. Das achteinhalb Zentimeter große Objektiv bringt nackt gerade mal 326g auf die Waage. Da Leica drauf steht, muss ich mir über die Bildqualität keine Sorgen machen. Und hier ein Bild aus einem Video dicht an der Naheinstellgrenze. Die leichte Überstrahlung war gewünscht und kommt durch den CineBloom 20% Filter von Moment.
Lumix GH6: kleine große Kamera
Zurück zur Kamera: GH6 heißt, dass es auch schon niedrigere Zahlen als sechs in dieser Buchstabenkombination am Markt waren. 2009 kam die GH1 auf den Markt, aber spätestens seit der GH5 hat sie ihren Platz als Videokamera für Enthusiast:innen gefunden. Natürlich kann ich mit ihr auch fotografieren, aber aktuell bearbeitet nur Silkypix die RAW Dateien. Die Kamera mit stabilisiertem 25MP Sensor zeigt ihre Stärken klar in den Video Funktionalitäten.
Die Fülle der möglichen Aufnahmequalitäten hier aufzuzeigen, würde den Rahmen sprengen. Für einige spezielle benötigst du die sehr schnellen CFExpress Typ B Karten, aber selbst C4K / 50p / 4:2:2/ 10bit All-Intra kannst du in der 600Mbps Version mit SD Karten nutzen. Dank eingebautem Lüfter sogar ohne zeitliches Limit. Das ermöglicht eine sehr gute Variabilität in der Nachbearbeitung. Bei anderen Kameras gehen solche Codecs oft nur mittels externem HDMI Aufnahmegerät. Deswegen die Überschrift: die Kamera ist für eine mFT überraschend groß. Aber im Vergleich zu Vollformatkameras mit notwendigem Equipment, um diese Aufnahmequalitäten zu erreichen, ist die Lumix GH6 eben doch sehr klein.
Dabei liegt sie hervorragend in der Hand. Der sehr vielseitig drehbare Monitor hilft bei stabiler Kamerahaltung alles im Blick zu behalten. Und die Knöpfe sind an den Stellen, an denen du sie brauchst. Selten habe ich mich an einer neuen Kamera mit sehr vielen technischen Möglichkeiten so schnell zurecht gefunden. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass sich hier sehr viele Anwender:innen tolle Gedanken zur Benutzerführung gemacht haben. Alles, was ich benötige, finde ich an intuitiv richtigen Stellen. Ich habe sehr wenig angepasst.
Zwei individuelle Aufnahmemodi legte ich auf das obere Wahlrad und wechsle so in Sekundenschnelle zwischen meine favorisierten Video- und Fotoeinstellungen.
MicroFourThirds ist tot
Der kleine Sensor ist schon des öfteren für obsolet erklärt worden. Weil Vollformatkameras erschwinglich geworden sind, scheint es keine Notwendigkeit mehr für den kleinen mFT Sensor zu geben. Die beiden Hauptnachteile sind die geringere Tiefenschärfe und das schlechte Rauschverhalten bei wenig Licht. Zu ersterem habe ich oben schon was geschrieben. Videoaufnahmen benötigen nur selten einen kleinen Schärfebereich. Der Kontext ist oft wichtiger als bei Fotos. Und wenn jetzt selbst 60MP auf einem Kleinbildsensor bei ISO12500 kaum rauscht, warum sollte das bei einem mFT Sensor mit 25MP ein Problem sein?
Dafür ist es eben leichter, den kleineren Sensor zu stabilisieren. Laut Panasonic gleicht der 5-Achsen-Bildstabilisator bis zu 7,5 Blendenstufen aus. Das funktioniert im Fotomodus so gut, dass ich durch automatische Bewegung des Sensors während der Aufnahme 100MP Fotos erstellen kann – aus der Hand!
Bei Videos sind ruhige Aufnahmen sehr angenehm für den Betrachter. Wenn das dann gut aus der Hand funktioniert, ist das eine enorme Erleichterung für den Kameraoperator. Es ist einfach schön, wenn du nicht immer einen schweren Gimbal mitschleppen musst, wenn du ruhige Aufnahmen machen willst.
Und 4K Videos sind eben 4K Videos – egal, wie groß der Sensor ist. Das mFT Seitenverhältnis von 4:3 ist bei der Verwendung von anamorphischen Linsen sogar ein Vorteil. Also hat MicroFourThirds auf jeden Fall noch seine Berechtigung. Vor allem, wenn es so gut umgesetzt ist, wie bei der LUMIX GH6.
Erste Video Gehversuche mit der Lumix GH6
Genug geredet: jetzt zeige ich dir mal meinen ersten Gehversuch in Sachen Video mit der GH6. Entstanden am Samstag Abend in der Heide. Ich wollte die letzten Sonnenstrahlen trotz eisiger Winde mit meiner Liebsten genießen. Eigentlich wollte ich dabei nur ein paar Testaufnahmen machen, als ich meine Liebste ihre Motive finden sah. Spontan hielt ich die Kamera drauf und beobachtete die Szenerie. Da ist nichts abgesprochen.
Neben einem obligatorischem Graufilter habe ich die bekannt beliebte Filterkombi aus Soft FX 1/2* und Black Pro Mist 1/8* von Tiffen verwendet. Bei vorherigen kurzen Tests hatte ich den CineBloom 20% Filter von Moment verwendet, der Effekt war für meinen persönlichen Geschmack aber zu stark.
Mein Fazit zur Panasonic Lumix GH6
Bis auf die (noch) fehlende Konverter Unterstützung für RAW Fotos und meinen (noch) Mangel an schnellen CFExpress Typ B Karten, kann ich an der GH6 nichts aussetzen. Ach so: doch, der elektronische Sucher fällt doch an den Rändern etwas ab und neigt zu Aberration. Da bin ich besseres gewohnt. Ansonsten gibt es tolle Codecs, die eine Nachbearbeitung gut verkraften. Ein durchdachtes Gehäuse mit sinnvollen Funktionen ergibt eine Kamera, die den Einstieg in Videoaufnahmen leichter macht.
Den Autofokus habe ich erst selten genutzt, aber wie du im Video in einer Sequenz gut sehen kannst, hat er bei schwierigen Lichtverhältnis trotzdem funktioniert. Aber ich habe die Kamera zu kurz, um mir ein vollständiges Urteil zu erlauben. Vielleicht schreibe ich hierzu noch mal einen ergänzenden Bericht, wenn ich die LUMIX GH6 länger genutzt habe. Würde dich das interessieren oder ist mFT doch tot?
Zum Schluss noch ein Tipp für die Fotobegeisterten hier: die RAWs können in Silkypix als Stapelverarbeitung in 16-bit TIFFs umgewandelt werden und dann in einem Konverter deiner Wahl ordentlich bearbeitet werden.
Sehr interessant zu hören was ein Profifotograf wie du, Stefan, von ein mFT Kamera berichtest. Du nimmst es auch hauptsächlich als ein Videokamera wahr. Ich (Amateur) habe den Vorgängerversion (GH5), und auch Versionen davor, und für mich waren die mFT Lumixe Allzweckkameras, von Astrofotografie bis Makro, und natürlich auch noch Video. Mein Hauptgrund nicht auf Vollformat umzusteigen, war das Gewicht und Größe von diese handliche mFTs. Ich habe dadurch auch ziemlich alle Linsen, falls du welche ausleihen möchtest 🙂 Ich habe nicht gewusst dass das GH6 so eine spezielle RAW Format hat, womit deine gewohnte RAW editoren nicht klarkommen. Weiterhin viel Spass damit.
Danke für deinen Kommentar! Die (Foto)Qualität von Vollformatsensoren ist eben doch noch etwas besser als bei mFT Sensoren und eine Leica M ist nur ein wenig schwerer als die GH5 oder GH6. Davon abgesehen, dass die Leica M nicht filmen kann (was ich begrüße), ist 4K eben 4K – egal wie groß der Sensor ist. Deswegen sind die Vorteile des kleinen Sensors bei Video stärker gegeben als bei Foto – zumindest für mich. Aber sicherlich ist sie für beides einsetzbar. (Ich habe übrigens auch schon meinen ersten Fotoauftrag damit abgearbeitet.)
Ich schließe mich nicht dem Kommentar an. Ich nutze sowohl Vollformat als auch MFT für die Fotografie und die beiden ergänzen sich perfekt. Es stimmt, dass die spiegellosen Vollformatkameras kleiner, leichter und erschwinglicher geworden sind. Die Objektiven sind aber immer noch echte Brocken. Die Physik kennt auch grenzen. Ich kann mit Kamera und drei lichtstarke Objektiven stundenlang laufen, ohne mir den Rücken zu brechen.
Ja, der Einwand mit der Leica M ist richtig. Auch eine Leica-Ausrüstung kann stundenlang getragen werden. Wir sind aber in einer anderen Preisliga und nicht jeder möchte auf den Autofokus verzichten.
PS: Ich nutze selbst eine Leica M. Manchmal will ich aber den Autofokus haben und mit MFT kann ich trotzdem leichter unterwegs sein. Also, Beides geht 🙂
Sicherlich eine spannende Neuerscheinung … ich hatte den Vorgänger, die gute, aber nun schon einige Jahre alte GH 5, lange Zeit parallel zum Sony-Vollformat!
MFT – Totgesagte leben länger und ob die kleine Schärfentiefe an Kleinbild von Vorteil ist, ist wohl Geschmackssache. Vielleicht wäre es sinnvoll mit dieser Kamera mal ein Fußballspiel zu fotografieren – die Wahrscheinlichkeit besteht, danach das Kleinbild- Vollformat im Schrank stehen zu lassen, wenn es um gute schnelle Fotos geht.