Tja, was soll ich sagen: am Tag nach einer erneuten Niederlage im Finale der Blindenfussball Bundesliga Saison wirken Worte schnell wie eine Suche nach Ausflüchten. Das ist aber gar nicht notwendig. Dazu gleich mehr. Zuallererst daher das Wichtigste: herzlichen Glückwunsch zur siebten deutschen Meisterschaft im Blindenfussball nach Stuttgart! Wer im Finale 3:0 gewinnt, hat den Titel verdient.
Als Vereins- und Abteilungsmitglied sei mir ein beschönigender Blick durch die braun-weiße Brille erlaubt. Das Team vom Blindenfussball FC St. Pauli hat hervorragendes erreicht. Seit vier Jahren gibt es nun diesen Finalspieltag – jedes Mal stand das Team von Trainer Wolf Schmidt im Finale. Drei mal davon als Erstplatzierte – und mehr St. Pauli geht nicht, als genau diese drei Spiele zu verlieren. Letztes Jahr wurde die Liga klar dominiert, um dann im Finale im Sechsmeterschiessen gegen Marburg zu verlieren. Diese (verkürzte) Saison gab es die ersten Gegentreffer erst im Finale gegen Stuttgart. In beiden Saisons ging der FC St. Pauli ungeschlagen ins Finale. Also die Leistung ist wirklich aller Ehren wert. Trotzdem mögen wir uns kurz vorstellen, in der Fussball Bundesliga würde der FC Bayern München verlustpunktfrei kein Meister werden. (Ja, die meisten Fussballanhänger würden sich eins feixen, aber wir reden beim Blindenfussball über Amateursport.)
Finalspieltag
Mit einem Finalspieltag in einer Innenstadt die Saison zu beenden, ist grundsätzlich gut gedacht. So kann der Blindenfussball in der Mitte der Gesellschaft zeigen, welch tolle Leistung die Akteure auf den Platz bringen. Nun war ich letztes Jahr in Saarbrücken und dieses Jahr in Magdeburg und kann nur sagen, dass das Konzept grandios gescheitert ist. Da werden Tribünen für mehrere Dutzend Menschen aufgebaut, aber wenn die Anhänger vom FC St. Pauli nicht angereist wären, wäre diese leer geblieben.
In Magdeburg habe ich ein Hinweisplakat auf die Veranstaltung erst am Spielort gesehen. In Saarbrücken gab es nur ein paar mehr. Auch gibt es vor Ort keine Strukturen. Und nach dem Finalspieltag bilden sich keine neue Teams. In Magdeburg kam noch erschwerend hinzu, dass Rollifahrer nicht auf’s Spielfeld blicken konnten. Die Bundesligateams haben auf diese Art die Saison zu beenden offensichtlich auch keine Lust mehr, denn alle Platzierungsspiele sind ausgefallen. Immerhin war Blista Marburg anwesend, um die Medaillen für ihr Team anzunehmen. Also der Verband muss da dringend umdenken.
Blindenfussball FC St. Pauli
Kommen wir zurück zum Blindenfussball FC St. Pauli, denn ich möchte zwei Spieler unbedingt hervorheben. Zum einen Philipp Versen, der sich in den letzten Jahren mächtig entwickelt hat. Beim Finale vor vier Jahren war er noch der Terrier in der Abwehr, der die tollen Stürmer von Marburg permanent beschäftigt hat. Diesmal hat er nicht nur die Abwehr gut organisiert und dem etatmäßigen Abwehrchef Rasmus Narjes den im Finale notwendigen Sturmpart ermöglicht, sondern selbst so manchen Angriff gestartet. Respekt vor dieser Leistung!
Und eben jener Rasmus Narjes ist für mich die zweite herausragende Persönlichkeit im braun-weißen Dress. Nicht nur, weil er trotz früher Verletzung im Spiel auf die Zähne gebissen hat und alles versucht hat, um dem Spiel eine andere Wendung zu geben. Mehr wie zwei Pfostenschüsse und einem verschossenen Achtmeter konnte leider nicht verbucht werden. Aber nach dem Spiel beobachtete ich ihn in seiner ganzen Größe als Kapitän des Teams. Eigentlich tot traurig über das verlorene Finale, machte er seinen Teamkollegen Mut für die nächste Saison und versuchte sie wieder aufzubauen. Ich habe noch nie einen Menschen so schnell seine Gesichtszüge zwischen Traurigkeit und Zuversicht wechseln sehen. Ein toller Mensch! Gute Besserung, Rasmus!
Die informierte Leserin wird sich wundern, dass der Name Jonathan Tönsing noch nicht gefallen ist. Der etatmäßige Stürmer vom Blindenfussball FC St. Pauli wurde nach dem Spiel als bester Spieler der Bundesliga in der Saison 2020 ausgezeichnet. Am Finale konnte er krankheitsbedingt nicht teilnehmen.
Aber ihr seht, dass beim FC St. Pauli der Blindenfussball ständig weiterentwickelt wird und ich bin mir sicher, dass die braun-weißen Farben auch in der nächsten Bundesliga Saison wieder eine gute Rolle spielen wird. Und mit Thoya Küster steht die nächste junge Spielerin mit großem Potenzial schon in den Startlöchern…
In diesem Sinne schmettern wir ein fröhliches „Vize-Meister, Vize-Meister, hey, hey“!
Schönes Resümee und es geht weiter und wir werden dann wieder dabei sein.