Meine Liebste hat mir zu Weihnachten dieses kleine Büchlein von Henri Cartier-Bresson geschenkt. Darin enthalten sind einige Worte des Meisters selbst:
Noch immer bin ich Amateur, aber kein Dilettant mehr.
An dieser Selbsteinschätzung faszinieren mich zwei Dinge. Henri Cartier-Bresson schreibt diese Worte nach dem er schon über 20 Jahre fotografiert hat. Sicherlich nicht in der Intensität, mit der wir heute fotografieren können, denn die Kameras waren unhandlich und das Filmmaterial umständlich zu bearbeiten. Trotzdem: wie lange lassen wir es heute zu, dass wir unser Auge schulen und mit der Kamera als verlängertes Auge sehen? Wie sehr wird beim Betrachten von Bildern und Worten zwischen Amateur und Profi unterschieden?
Das andere faszinierende ist für mich, dass mit den Zeilen seine Selbsteinschätzung von 1947 beschreibt. Das Jahr, in dem er mit Robert Capa, George Rodger and David „Chim“ Seymour die Fotoagentur Magnum ins Leben rief. Die Agentur, die wie keine andere für tiefgehenden Photojournalismus steht. Nur ein Jahr später begleitet er Mahatma Gandhis letzten Geburtstag und bringt berührende Bilder von der Todeszeremonie mit.
Wenn Henri Cartier-Bresson zu diesem Zeitpunkt sich selbst als Amateur bezeichnete, was bin dann ich?
Amateur kommt von lat. „Amator“ = „Liebhaber“. Das sind Leute, die ihre Tätigkeit mit Leidenschaft und Hingabe ausüben, unabhängig von der Qualität des Ergebnisses. Man kann also durchaus Profi und Amateur gleichzeitig sein – genau genommen kann einem gar nichts Besseres passieren 🙂
Da bin ich voll bei dir 🙂
Das wollte ich auch dazuschreiben. Viele sind ja auch Stolz darauf, sich Amateur zu nennen. Und ich finde selbst Dilettant ist nicht schlecht (wenn man sich am dem tun selber erfreut) und steht dem Amateur nicht im Wege.
Die Worte werden nur heutzutage oft anders verwendet als ihre Ursprungsbedeutung ist.
Charly, danke für diese Definition! Ich mag ja selbst die Bezeichnung „Profi“ nicht. Obwohl ich einer bin. Denn ich verdiene meine Brötchen mit der Fotografie. Aber der Begriff wird heute so überstrapaziert das mir stellenweise echt schlecht wird. Und genauso wird „der Amateur“ hin gestellt als habe er keine Ahnung. Was ja per se auch nicht stimmt. Wir sollten uns wieder auf die ursprüngliche Bedeutung der Worte zurück besinnen. Und ihnen keine weitere Wertung zukommen lassen, die sie ursprünglich nicht ausdrücken.
… Henri, der alte Recke 😉 Par definitionem bin ich wieder Amateur. Mache nur das, was ich gerne mach und was ich machen will, sage dem Rest ab und bekomm einfach über Gebühr viel Geld dafür. Verrykkte Welt 😉
Die beste Art Amateur zu sein 🙂
Ich halte es ja auch eher mit der Beschreibung: Ein Profi wird bezahlt, das heißt nicht, dass er gut ist oder mit Leidenschaft dabei.
Grade unter den Fotojournalisten gibt es imho viele die „kommen, knipsen, verschwinden“. Das hat dann selten was mit Leidenschaft zu tun.
Wobei ich aber auch nicht so verstanden werden will, dass man das an Äußerlichkeiten festmachen kann.
Bist dem Zwang unterlegen dir das Wetter nicht aussuchen können bei dem du draussen fotografierst ?
Besitzt du Ausrüstungsgegenstände die der Möglichkeit um jeden Preis ein gutes Bild zu produzieren vorzuweisen Rechnung trägt?
Unterliegst du dem Zwang ein bestimmtes Bild terminlich verkaufen zu müssen?
Ist es dir wichtig an einem Termin generell Bilder zu produzieren, anstatt ein besseren Termin abzuwarten und ein schöneres ( nicht besseres) Bild zu produzieren?
Bresson: tendensziell 1
Groenveld: gefühlt 3
Worms 1,65
F. Beken of Coves wahrscheinlich mehr als 2
hi stefan, danke fuer die weihnachtsgruesse. die frage »bist du amateur oder nicht« musste ich letztens auch in einem interview beantworten. wenn du es lesen magst (dritte frage oder so). komm gut ins neue jahr! ruedi
ps. http://www.citylab.cc/Ruediger-Beckmann-interviewed-by-Crina-Prida
Schönes tiefes Interview. Danke, dass du mich drauf aufmerksam gemacht hast.
Henri Cartier Bresson stand ja auch dem Zen nahe. Im Zen heißt es man sollte den „Anfängergeist“ bewahren, also mit dem gleichen wachen Auge, wie wir es am Anfang des Weges hatten.
Vieleicht gibt er hier einen Hinweis. Ich Fotografiere mit Erfahrung, weiss auch schwierige Situation zu meistern, aber habe immer noch den gleichen wachen Geist, bin immer noch auf der Suche. Lehne mich nicht zurück und sage, „hey, ich kann’s, die nächste Bildreportage mache ich mit „Autopilot“.
In meiner Freizeit mache ich seit vielen Jahren Kendo (jap Schwertkampf), mein Senzai ist einer der höchsten Dan Träger in Deutschland. Er hat hier in Deutschland im Grunde selber keinen Lehrer, da muß er schon in seine Heimat Japan fahren.
Ich fragte ihn mal, „Yukio wie übst Du dich im Kendo weiter?, seine Antwort, „Jo, ich über ständig weiter, heute habe ich erst, bevor ich hier her kam geübt , wie ich meinen Hakama (der Hosenrock) richtig zusammen lege.
Das ist es was ich meine.
Noch besinnliche Tage
Jo
Ja, lernen kann ich auch jeden Tag was neues. Auch von Leuten, die fotografie-technisch noch nicht so erfahren sind.
Und unter uns: Autopilot ist auch total langweilig 🙂
Der Ausdruck Profi, bezeichnet jemanden, der durch seine Tätigkeit, seinen Lebensunterhalt verdient. Das alleine ist kein Qualitätskriterium. Eine einwandfreie Arbeit zu liefern, muss nicht unbedingt Kunst sein. Und die Photographie sehr lieben, macht auch nicht den Liebhaber (Amateur) zum Künstler. Leider ist dieser Zusammenhang scheinbar vielen Entscheidungsträgern in der Kunstszene nicht klar. Aber sie haben auch die nächste Galeriemiete im Sinn und nicht die große Kunst.