iTTL bietet die Möglichkeit, der Kameraintelligenz die Steuerung der Lichtmenge für die Blitze zu überlassen. Gerade bei häufig wechselnden Lichtbedingungen ist das eine echte Erleichterung. Da ich oft und gerne “on location” arbeite und “available light” für mich “light that is available” bedeutet, warte ich schon lange auf eine Lösung, die mich schneller und komfortabler arbeiten lässt. Und ich habe echt schon viel ausprobiert: Mastersteuerung mit dem SB-900 oder SU-800 auch in Verbindung mit einem SC-28 oder Auslösen der Blitze mittels Funkfernauslösern diverser Dritthersteller, die dann aber kein iTTL können. Ich habe in meiner Fototasche immer drei Möglichkeiten einen entfernten Blitz auszulösen – zum einen zur Ausfallsicherheit und zum anderen, weil jedes System Vor- und Nachteile hat.
Bisher wird bei Königslösungen für entfernte Blitzsteuerung immer Pocketwizard genannt. Kleine Zusatzgeräte, die das iTTL Signal über viele Meter senden können und somit unabhängiges Arbeiten ermöglichen. Für Nikon gibt es die Pocketwizard allerdings noch nicht. Ich habe mit dem deutschen Vertrieb Profoto Kontakt gehabt und die warten auch wöchentlich darauf, dass es die Pocketwizards endlich für Nikon gibt. Derzeit hat Joe McNally einen Prototypen und berichtet hin und wieder in seinem Blog, dass sie immer besser funktionieren – was auch immer das heißt…
Seit Ende Juli 2010 gibt es nun aber auch für Europäer eine Ausweichmöglichkeit und somit das erste System, das iTTL-Blitzen über viele Meter für Nikon in Europa ermöglicht: radiopopper! Für den amerikanischen Markt gibt es radiopopper schon länger und haben da neben den Pocketwizards ihren Markt gefunden.
Da ich vermutlich der erste bin, der in Deutschland die Dinger hat und darüber bloggt (zumindest hat mir Google nichts aktuelles ausgeworfen), schreibe ich hier etwas ausführlicher über die Funktionsweise und was Du von ihnen erwarten kannst. Kaufen kannst Du das Zubehör derzeit nur in den USA. Zu meinen Erfahrungen mit Kauf, Abwicklung und Zoll später mehr.
Funktionsweise: Es gibt Sender und Empfänger bei den Radiopopper, die sich rein äußerlich eigentlich nur durch die Anbringung der Antenne unterscheiden. Der Sender hat eine starre Antenne, der Empfänger eine flexible. Der Sender wird einfach auf den integrierten Blitz (wer einen hat), einen SU-800 oder Systemblitz gesetzt und mit dem mitgeliefertem Klett verbunden. Der Empfänger hat ein “Auge”, das auf das Auge (also den Infrarotempfänger) des Systemblitzes gesetzt wird. Das klappt hervorragend mit den mitgelieferten Ständer, die variabel für die unterschiedlichen Blitze zusammensetzbar sind und problemlos auf ein Lampenstativ geschraubt werden können. Genauso einfach ist es aber auch mittels dem mitgelieferten Klett die Empfänger entsprechend auf den Blitz zu setzen.
Der Empfänger nimmt nun das Signal des Masters auf, wandelt es um, schickt es an den Empfänger, der es zurückwandelt und als Infrarotsignal in das Auge des Systemblitzes schickt. Klingt kompliziert, funktioniert wunderbar!
Inbetriebnahme: Die Radiopopper haben nur zwei Knöpfe. Darüber kann ein einfaches Menü angesteuert werden. In diesem Menü kann ein Kanal gewählt werden, falls bei einem Workshop mal mehrere Leute mit Radiopopper ihre Blitze auslösen und es nicht zu “Fremdblitzen” kommt. Außerdem gibt es ein Menüpunkt zur Steuerung bei schnellen Blitzfolgen. Das kann ich derzeit nicht testen, da meine D3 noch in der Reparatur ist – hole ich aber nach. Der wichtigste Menüpunkt ist allerdings das unterstütze System. Alle Radiopopper stehen in der Grundkonfiguration auf Canon und müssen im Menü auf Nikon umgestellt werden. Das ist das einzige, was vielleicht etwas irritiert, denn auf der Verpackung steht ja groß drauf, dass es die Radiopopper für Nikon sind. Der freundliche Support von Radiopopper hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass “für Nikon” nur bedeutet, dass die Empfänger mit einem Befestigungsständer für Nikon geliefert werden.
Also für die Inbetriebnahme muss Sender und Empfänger auf Nikon umgestellt werden. Das dauert ca. 10 Sekunden. Zuerst müssen allerdings die beiden mitgelieferten AAA Batterien eingesetzt werden. Das dauert vielleicht 5 Sekunden. Danach sind die Radiopopper funktionstüchtig.
Test mit kurzen Belichtungszeiten (Nikon-Sprech: “FP-Kurzzeit”): Das Problem mit dem SU-800 oder auch mit der Mastersteuerung über andere Blitzgeräte ist, dass das Infrarotauge des Slaveblitzes den Masterblitz sehen muss. Das geht mit einem Masterblitz noch ganz gut über einige Meter, mit einem SU-800 bei Sonnenschein so gut wie nicht. Und ich habe ja schon Joe McNally erlebt, wie er die Probleme des Systems in einem geschlossenen Raum versuchte zu überlisten – bei Sonnenlicht werden die Probleme nur größer. Der große Vorteil innerhalb des Nikonsystems (CLS) ist, dass es die einzige Möglichkeit ist, Blitze mit Verschlusszeiten kürzer als 1/250s auszulösen. Das ist gerade bei Sonnenschein oft vonnöten. Hier schliesst sich der Kreis: Sonne – ich brauche iTTL – also nehme ich einen SU-800 – bei Sonne funktioniert der SU-800 aber nur selten. Jetzt weißt Du auch, wieso ich mir ein iTTL-fähigen Fernauslöser wünsche. (Alternativ möchte ich hier die Möglichkeit der Verwendung eines ND-Filters in den Raum werfen, um längere Belichtungszeiten als 1/250 Sekunde zu ermöglichen.)
In einem ersten Test habe ich deswegen im Schatten eine D200 in Bodennähe mit einem SU-800 ausgestattet und zwei Blitze versucht zu zünden. Ein Blitz steht links neben der Kamera und bringt eine Grundhelligkeit in den Vordergrund. Ein Blitz steht rechts vor der Kamera hinter dem Baum und bringt ein Aufhelllicht ins Gesicht. Beide Blitze zünden unter Verwendung eines SU-800s auch im Schatten nicht. Dabei steht der Blitz links neben der Kamera nur gut einen Meter entfernt. Aber er ist ungefähr einen Meter höher als die Kamera und das macht eine “Verständigung” zwischen SU-800 und Blitz unmöglich. Ich brauche aber den TTL Modus an den Blitzen, denn die Belichtungszeit ist schon bei ISO100 kürzer als 1/250 Sekunde.
Nun kommen die Radiopopper ins Spiel. Einen Sender und zwei Empfänger eingeschaltet, Kamera ausgelöst, Blitze werden automatisch mit ausgelöst. Bild fertig! Egal mit welcher Belichtungszeit. Ich habe mehrere ausprobiert. Auch 1/8000s ist kein Problem. Sieht bei dem Bild aber doof aus, weil dann die Umgebung schwarz ist – deswegen seht ihr hier ein Bild mit 1/320s als Belichtungszeit.
Und mit den Radiopopper zünden die Blitze auch bei Sonnenschein. Nachfolgend ein Bild bei Sonnenschein – die lugt verschämt über meine rechte (bildlinke) Schulter. Da ich hier mit einer Belichtungszeit von 1/8000 Sekunde fotografiert habe, bleibt von dem Sonnenlicht allerdings nicht mehr so viel übrig.
Test Entfernung ohne Sichtkontakt: In einem weiteren Test habe ich die beiden Blitze hinter die dichten Baumreihen gestellt, so dass es keinerlei Sichtkontakt zwischen Kamera bzw. Sender und den beiden Blitzen rechts und links hinter den Baumreihen gab. Die D200 habe ich mit meinem 200/2 bestückt und bin immer weiter nach hinten gegangen und habe immer wieder fotografiert. Irgendwann hat der Blitz rechts nicht mehr verlässlich ausgelöst. Ich bin dann wieder wenige Meter nach vorne gegangen und habe mich so an die Stelle herangetastet, die ein zuverlässiges Auslösen der Blitze gewährleistet. Das war bei 70m zwischen Kamera und Objekt. An dieser Stelle bin ich noch nicht stutzig geworden, wieso der Blitz, der näher zur Kamera war zuerst nicht mehr ausgelöst hat. Ich habe hier einige Meter verschenkt – dazu gleich mehr im nächsten Test.
Test Entfernung mit Sichtkontakt: Nun habe die Blitze so positioniert, dass ein direkter Sichtkontakt zwischen Sender und Empfänger besteht – ihr seht auf dem Bild unten ja die Standorte der Blitze. Die D200 habe ich mit 200/2 plus 2-fach Konverter bestückt und bin immer weiter nach hinten gegangen. Die Brennweite entspricht dank Cropfaktor der D200 600mm und ich konnte so relativ weit nach hinten gehen und immer noch was von meiner Liebsten sehen, die sich netterweise für meine Testreihe zur Verfügung gestellt hat. Irgendwann löste der rechte Blitz nicht mehr aus, aber der linke. Da beide Blitze die gleiche Entfernung hatten, bin ich diesmal stutzig geworden. Dank Telefonverbindung zu meiner Liebsten, konnte sie dann herausfinden, dass beim linken Blitz die Antenne nach oben gerichtet war, aber beim rechten nach unten. Nachdem die Antenne nach oben gerichtet wurde, konnte ich noch einige Meter nach hinten gehen – bis der Park zu Ende war.
Das war auch ziemlich genau die Position bei der der rechte Blitz nicht mehr zuverlässig geblitzt hat. Diesmal lag es daran, dass die Antenne hinter dem Blitz war – und beim linken Blitz eben vor dem Blitz. Auf dem unteren Bild kannst Du gut sehen, warum das so ist – und wie das zu beheben wäre.
Es ist also davon auszugehen, dass ich die Reichweite des Radiopopper Systems ziemlich ausgereizt habe. Bei dem Bild war ich 150m weit weg! Und die Blitze im Zweifelsfall rauszuretuschieren ist ja kein Problem 🙂
Ach ja: als ich soweit weg war bemerkte ich, dass die iTTL Funktionalität in dieser Lichtsituation nicht funktioniert. Durch die große dunkle Fläche im Bild hat die Kamera die Blitze hoffnungslos überbelichtet. Auch die Blitze auf -3EV runterzuregeln brachte nicht das gewünschte Ergebnis. Also habe ich die Blitze in 150m Entfernung in den manuellen Modus geschaltet und die Blitzleistung manuell gesteuert. Alles am SU-800 bequem ohne die Blitze anfassen zu müssen.
Preis: Wie Du im Radiopopper Shop sehen kannst, kostet jedes Teil 249$. Dazu kommt noch Verpackung und Versand in Höhe von 37,95$ pro Sendung. Beim mir dauerte der Versand eigentlich nur 2 Tage, dann war mein Päckchen in Deutschland. Aber es lag erst mal im Zoll und so musste ich vom Kauf an 8 Tage warten bis ich die Radiopopper hätte in Empfang nehmen können. Allerdings wollte der Postbote die Zollgebühren von mir haben und das benötigte Kleingeld hatte ich nicht zu Hause. Also noch einen Tag warten, denn der Postbote war so nett, noch mal am darauffolgenden Tag vorbei zu kommen. Da der Dollarkurs immer leicht schwankt, kannst Du also von rund 700€ für ein Set mit einem Sender und zwei Empfängern ausgehen – inklusive aller Gebühren.
Letztlich also eine wunderbare und zuverlässige Art und Weise auch aus großer Entfernung Blitze auszulösen und zu steuern. Ich bin mit meiner Anschaffung der Radiopopper vollends zufrieden. Bei dem Preis sollte das aber auch wirklich so sein.
So, an dieser Stelle ärgere ich mich über meine frisch angeschafften Pockets! Danke!
@der Stilpirat, welche Pockets hast Du Dir denn angeschafft?
Sehr interessant!
Die Popper sehen aber reichlich klobig aus, wenn man sich dei Klötze an der Seite der SB’s anschaut.
Allerdings kann ich mich erinnern das früher die Adaption der Popper an die Blitze ziemlich umständlich mit Klett-Formteilen funktionierte? :-((
Wie schaut das denn bei deinen Modellen aus, es wäre schön wenn du dazu mal was schreiben bzw. ein paar Fotos zeigen könntest.
Was die Preise anbelangt, so sind die Popper ja doch fast gleich wie die mini & flex TT Modelle von PW.
OK die sind fürs Nikon System immer noch nicht lieferbar …… 😉
Gruß Frank
@Frank, Naja, klobig ist relativ, aber ganz klein sind die Radiopopper sicherlich nicht.
Klett geht immer noch, empfinde ich aber nicht als umständlich 😉
schau dir mal den blog von micheal bass an. falls du sie noch nicht kennst. der hat da einige mods für die radio popper gebaut, z.B. einen 4fach-spliter mit glasfaserkabeln etc.
http://4.bp.blogspot.com/_CRxbBKkoqIY/THSLpTFokiI/AAAAAAAACHQ/QUgi3PWG0SY/s1600/RP_PX_WiredSplitter.jpg
http://michaelbass.blogspot.com/
grüsse
gordon
Hast Du den “Menüpunkt zur Steuerung bei schnellen Blitzfolgen” eigentlich inzwischen mal testen können und irgendwo drüber gebloggt?
Es gibt dazu keinen separaten Menüpunkt. Und nein, ich habe das noch nicht getestet. Im Winter ist dafür wieder mehr Zeit 😉